Die Programme Model European Council (MEC) und Model European Parliament (MEP) sind im Jahr 1984 auf eine Initiative von zwei Lehrern der Europäischen Schule München, Jimmy Campbell und Henry Christian, gegründet worden. Die Programme haben sich seither mit großem Erfolg etabliert und entwickelt. Sie sind heute feste und unverzichtbare Bestandteile des Schullebens jeder Europäischen Schule. MEC ist eine realitätsnahe Simulation eines europäischen Gipfels der Minister und Regierungschefs, d.h. eine Simulation der äußerst komplizierten Entscheidungsprozesse in der Europäischen Union. Es handelt sich um ein riesiges und sehr komplexes Rollenspiel. Die Gesetzesentwürfe werden von einer Schülermannschaft, die die Europäische Kommission darstellt und mit der echten Kommission eng zusammenarbeitet, vor dem "Gipfel" vorbereitet. Die Schülermannschaften, die in die Rolle der jeweiligen Minister und Regierungschefs der verschiedenen Mitgliedsstaaten schlüpfen, debattieren und entscheiden über diese Entwürfe. Es kommt nur auf die Tagesordnung, was auch in Wirklichkeit in der EU aktuelle Themen sind. MEP läuft nach demselben Prinzip: die Schüler übernehmen darin die Rolle der europäischen Abgeordneten.

Wir versuchen, die zwei Programme abwechselnd durchzuführen, doch sind die MEC-Veranstaltungen logistisch einfacher zu organisieren. Deswegen gibt es häufiger MEC als MEP und auch deswegen ist München häufig Tagungsort, weil das Europäische Patentamt diese Logistik großzügig zur Verfügung stellt. Interessierte Schüler werden nach präzisen Kriterien ausgewählt. Jede Schule schickt eine oder zwei Mannschaften, die jeweils einen Mitgliedsstaat der EU darstellen. Dazu kommen zwei Journalistenmannschaften, die, wie im wirklichen Leben, den Gipfel begleiten und kommentieren. So üben Minister und Regierungschefs den Umgang mit der unbarmherzigen Presse. 

Seit 1998 haben wir auch Mannschaften aus nationalen Schulen dabei. So nehmen z.B. Schulen aus Göteborg (Schweden) regelmäßig an unseren Programmen teil. Das Programm läuft ungefähr über die Hälfte des Schuljahres und verlangt von Schülern wie Lehrkräften viel Zeit und Engagement außerhalb des regulären Unterrichts. Ein gewisser Idealismus gehört auch dazu, denn die Lehrkräfte werden nicht für diese Arbeit bezahlt. In den ersten Wochen des Schuljahres findet die Auswahl statt. Über die Teilnahme entscheiden die Motivation der Schüler, ihre Interessen und ihre Allgemeinbildung in den Bereichen Politik, Recht, Gesellschaft, Wirtschaft, Geschichte und Geographie, ihre Fähigkeiten, rhetorisch erfolgreich zu argumentieren und zu debattieren sowie ihre sprachlichen Kompetenzen. Diese müssen beträchtlich sein, denn alles (Plenarsitzungen, die Arbeit in den Fachkomitees, "urgent debates", Reden, Pressekonferenzen, Interviews usw.) findet in den drei Arbeitssprachen der EU statt, gefolgt von der Gipfelagenda.

Die Schüler müssen lernen, wie die EU überhaupt funktioniert, sich in die schwierigen Themen einarbeiten (Wasserschutz, Rentenpolitik, Außenpolitik, institutionelle Entwicklung der EU, Agrarsubventionen, Asylpolitik, Verkehrspolitik, Terrorismusbekämpfung, Energieversorgung, um nur einige zu nennen), sich die Haltung "ihres Landes" sowie die Einstellung der von ihnen gespielten Personen einprägen.

Die Lehrkräfte trainieren und begleiten die Schüler bis zum Gipfel, dann müssen sie allein mit ihrer Erwachsenenrolle fertig werden. Zu diesem Zeitpunkt passiert stets das Faszinierende im Programm: innerhalb von ein paar Stunden werden die Jugendlichen (sie sind zwischen 15 und 19 Jahre alt) tatsächlich erwachsen und bemerken selbst ihre eindeutige Verwandlung. Die Programme MEC/MEP prägen nachhaltig die teilnehmenden Schüler. Sie werden dadurch schneller reif und selbstsicher und lernen sich selbst besser kennen. Davon berichten so gut wie alle. Eine klassische MEC/MEP-Karriere dauert ungefähr drei Jahre. Jedes Jahr übernehmen die erfahrenen Schüler eine wichtigere Position, so reifen sie auch innerhalb des Programms. Die am Programm teilnehmenden Schüler haben oft überdurchschnittlich gute Abiturnoten, deutlich mehr Erfolg bei Universitätsinterviews, sie wissen früher, was sie wollen, sie sind beruflich deutlich internationaler engagiert und tätig als andere - auch noch nach einem wissenschaftlichem Studium. Das macht diese Programme so interessant und so wertvoll.